Die Bevölkerungsalterung stellt das staatliche Transfersystem in Österreich
vor Herausforderungen:
- 80% aller Steuern und Abgaben werden von der Erwerbsbevölkerung im Alter von 20-59 geleistet.
- Die Bevölkerung im Erwerbsalter (20-59) wird bis 2035 von 56% auf 49% der Gesamtbevölkerung sinken.
- 50% der staatlichen Transferleistungen sind an die Bevölkerung im Alter 60+ gerichtet (Pensionen, Gesundheit, Pflege).
- Die Bevölkerungsgruppe 60+ wird bis 2035 von 25 Prozent auf 31 Prozent der Gesamtbevölkerung anwachsen.
Die neuen Nationale Transferkonten (NTA) für Österreich 2015 geben einen detaillierten alters- und geschlechtsspezifischen Überblick über Einkommen, intergenerationelle Umverteilung, sowie über die Verwendung der Einkommen für Konsum und Sparen. In diesem Beitrag werden die NTA Daten verwendet, um die staatliche Umverteilung zwischen Generationen darzustellen und die Auswirkungen demographischer Änderungen auf das Transfersystem zu untersuchen.
Bei der Analyse von Umverteilungswirkungen staatlicher Transfers nimmt üblicherweise die Umverteilung über Einkommensgruppen den ersten Platz ein. Quantitativ spielt jedoch die Umverteilung über Generationen die mit Abstand wichtigste Rolle: Pensionssystem, Gesundheitssystem und Bildungssystem als größte Ausgabenposten sind klare intergenerationelle Transfers.
Steuern & Abgaben nach Alter und Geschlecht
Männer im Alter zwischen 40 und 60 zahlen im Durchschnitt mehr als 30,000 Euro an Steuern und Abgaben pro Jahr, weit mehr als die Hälfte ihres Einkommens (Abbildung 1 links). Das heißt nicht, dass Steuern & Abgaben auf Einkommen über 50% betragen. Aus dem mit fast 50% besteuerten Einkommen werden ja noch Konsumsteuern bezahlt. Die Steuerleistung von Frauen ist aufgrund ihres niedrigeren Einkommens geringer, erreicht aber im Alter 50-55 auch beachtliche 20,000 Euro pro Jahr. Insgesamt werden in Österreich über 53 Prozent des erwirtschafteten Einkommens über das staatliche Transfersystem umverteilt. Dabei leistet die Bevölkerung im Erwerbsalter von 20-59 etwa 80 Prozent der gesamten Steuern und Abgaben, fast 30 Prozent entfallen allein auf die Baby-Boomer im Alter von 45-54 (Abbildung 1 rechts).
Staatliche Leistungen nach Alter und Geschlecht
Staatliche Transferleistungen (= erhaltene Transfers) sind vor allem an die ältere Bevölkerung gerichtet, da Pensionen und Gesundheitsleistungen die weitaus größten Komponenten darstellen. Etwa 50% aller staatlichen Transferleistungen gehen an die Bevölkerung im Alter 60+, wobei in der Berechnung der kollektive staatliche Konsum, wie Verwaltung und Sicherheit, auf die gesamte Bevölkerung aufgeteilt wurden. Von allen staatlichen Transferleistungen sind Pensionen (gelbe Fläche in Abbildung 3) und Gesundheit und Pflege (orange Fläche) die wichtigen Leistungen für die ältere Bevölkerung. Der Wert staatlicher Transfers liegt bei ca. 15,000 Euro bei den 10-16-jährigen, bei ca. 10,000 in der Erwerbsbevölkerung und wächst auf ca. 30,000 Euro ab dem Alter 60. Einen weiteren Anstieg gibt es ab dem Alter 80, vor allem aufgrund von Pflegeleistungen.
Bemerkenswert sind die großen Unterschiede zwischen Männern und Frauen aufgrund der unterschiedlichen Pensionsansprüche. Allerdings erhalten Frauen trotzdem mehr als die Hälfte aller staatlichen Leistungen, da aufgrund der höheren Lebenserwartung ein wesentlich höheren Teil der älteren Bevölkerung aus Frauen besteht.
Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf staatliche Transfers
NTA Daten werden auch dazu verwendet, um die Auswirkung der demographischen Änderungen zu untersuchen. Österreich befindet sich seit ca. 3 Jahrzehnten in einer demographisch günstigen Situation, charakterisiert durch zahlenmäßig starke Jahrgänge der Baby-Boomer im Erwerbsalter und deren hohe Netto-Beiträge zum Transfersystem.
Der Pensionsantritt der Baby-Boomer bis 2035 stellt das staatliche Transfersystem vor einem beachtlichen Anpassungsbedarf. Abbildung 3 zeigt Steuern/Abgaben und die erhaltenen staatlichen Transferleistungen für Männer und Frauen in jeder Altersgruppe im Jahr 2015 und 2035. Die Auswirkungen des Pensionsantritts der Baby-Boomer wird in dem starken Anstieg der gesamten Transferleistungen an die Bevölkerung 60+ klar sichtbar.
Klar ist, das staatliche Transfersystem muss sich den Änderungen der Bevölkerungsstruktur anpassen. Geringere Leistungen oder höhere Beiträge halten das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben in einer alternden Bevölkerung in Balance. Höhere Erwerbsbeteiligung in der älteren Bevölkerung gilt als Königsweg bei der Anpassung staatlicher Transfersysteme an eine alternde Bevölkerung, da die ausbezahlten Leistungen (Pensionen) sinken, und gleichzeitig Steuern und Abgaben aus Einkommen steigen. Solche Änderungen gehen nicht von heute auf morgen, es wären alle gut beraten (nicht nur die Politik), sich diesbezüglich etwas zu überlegen.
Datenquelle:
Hammer, Bernhard, 2020, “National Transfer Accounts for Austria 2015”, https://doi.org/10.11587/4EOXZO, AUSSDA.
NTA Daten und Infos
[1] Österreichische NTA Daten für 2015 und eine detaillierte Beschreibung sind über AUSSDA zugänglich: National Transfer Accounts for Austria 2015, https://doi.org/10.11587/4EOXZO.
Europäische NTA Daten für 2010 findet man auf www.wittgensteincentre.org/ntadata. Auch wenn diese Daten schon etwas alt sind, bilden sie die riesigen Unterschiede zwischen Ländern noch immer gut ab.
Einen generellen Überblick über NTA Methode und globale Daten findet man auf der Webseite des globalen NTA Projektes, sowie in Lee, R. D., Mason, A., (2011). Eine detaillierte Beschreibung der Methode findet man im Manual der UN (United Nations, 2013).